Griechenland kämpft gegen den Übertourismus
Griechenland wird in diesem Jahr erneut eine Rekordzahl an ausländischen Touristen begrüßen. Dass dies nicht nur ein Segen für das Land ist, erkennen immer mehr Politiker und verantwortliche Touristiker und versuchen gegenzusteuern.
Unter den Touristenmassen leiden die malerischen Inseln ebenso wie die Städte mit ihren antiken Sehenswürdigkeiten. Besonders stark betroffen ist die Vulkaninsel Santorin, die nicht zuletzt von Kreuzfahrttouristen völlig überlaufen wird. Nun zieht die griechische Regierung erstmals die Reißleine und will den Übertourismus speziell auf diesem Hotspot eindämmen. Per Gesetz sollen alle Baugenehmigungen in der letzten noch relativ unberührten Caldera-Zone ausgesetzt und bis zum Jahresende neu geprüft werden. Die Insel leide schon jetzt unter zunehmenden Umweltproblemen und Wassermangel in den Sommermonaten, was eindeutig auf die zu große Anzahl an Besuchern zurückzuführen sei.
Der Gesetzentwurf des griechischen Ministeriums für Umwelt und Energie erfolgte vor dem Hintergrund des zunehmenden Drucks seitens des lokalen Bürgermeisters Nikos Zorzos und von Umweltschützen, die beide die Schönheit und den einmaligen Charakter der Insel bewahren wollen. Zorzos hat in vielen Interviews erklärt, dass er den Neubau von Hotels und Bungalows auf Santorin ebenso verhindern will wie die Erweiterung von bestehenden Hotelanlagen und die sprunghaft gestiegenen Kurzzeitvermietungen von Wohnungen und Häusern. Die nur 76 Quadratkilometer große Insel könne nur ein bestimmtes Maß an neuer Infrastruktur verkraften.
Zorzos warnt schon seit dem Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2011 vor der „irrationalen touristischen Entwicklung, die den Ort aufzehrt und seinen Vorteil als Reiseziel schmälert“. Das gelte nicht nur für die Insel Santorin, sondern für ganz Griechenland. Die Folge: Probleme, die durch den Übertourismus entstehen, wie zum Beispiel der steigende Bedarf an Wasser und Strom, könne kaum gelöst werden. Außerdem würden der Charakter der griechischen Inseln und die antiken Stätten zerstört, was die Attraktivität Griechenlands als Reiseziel ausmacht.
Es scheint, dass die Regierung diese Gefahr erkannt hat. Mit Beschränkungen für Kurzzeitvermietungen und Kreuzfahrtschiffe will sie dagegen vorgehen, zwei der Hauptübel, die allen Ferienländern mittlerweile Probleme bereiten. Ein Gutachten der Agentur Grant Thornton für die griechische Hotelkammer ergab, dass die Zahl der privaten Ferienunterkünfte zwischen 2019 und 2023 um 28 Prozent gestiegen ist, und sich die Zahl der verfügbaren Objekte in diesem Zeitraum verdoppelt hat, während sich die die Verfügbarkeit von Hotelbetten nur um 3,5 Prozent erhöht hat.
Außerdem kündigte die Regierung eine Klimakrisensteuer auf Hotelübernachtungen und Kurzzeitvermietungen von April bis Oktober an. Die Einnahmen sollen dann für Infrastrukturverbesserungen in touristisch geprägten Gebieten verwendet werden. Die Regierung plant, die starken Saisonzeiten zu entzerren und „Griechenland als ganzjähriges Reiseziel zu positionieren“, sagt Tourismusministerin Olga Kefalogianni und ergänzt: „Heute schlagen wir ein neues Kapitel in der Entwicklung des Tourismus auf – wir befassen uns mit der Nachhaltigkeit. Der Schutz der natürlichen und kulturellen Ressourcen sowie die Identität und das Wohlergehen der lokalen Gemeinschaften stehen im Mittelpunkt unserer Überlegungen.“
Der größte Widerstand gegen die Maßnahmen der Regierung, insbesondere gegen zusätzliche Abgaben, kommt aus der Hotellerie und Gastronomie, deren Vertreter nur auf kurzfristige Gewinne aus sind. Sie warnen davor, dass jede Verschärfung der Vorschriften sich negativ auf den lebenswichtigen Wirtschaftszweig Tourismus auswirken könnte, ohne darüber nachzudenken, dass Touristen nicht mehr kommen, wenn erst einmal die Natur, das reiche Erbe und der ursprüngliche Charakter des Landes zerstört sind.
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