Vorsorge und Verhalten im Ereignisfall
Erdbeben zählen zu den Naturkatastrophen, die insbesondere für Menschen und deren Lebensweise verheerende Auswirkungen haben können. Sie kommen plötzlich und unerwartet vor. Eine zeitlich und räumlich eindeutige Vorhersage von Erdbeben ist nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht möglich, bestenfalls die Angabe einer Wahrscheinlichkeit des Auftretens in einer bestimmten Region. Die Auswirkungen von Erdbeben werden häufig z.B. durch die »Europäische Makroseismische Skala« (EMS) beschrieben, bei der es sich um eine »Intensitätsskala« handelt, die jene Auswirkungen eines Erdbebens auf Landschaft, Straßen oder Gebäude erfasst, die ohne Instrumente wahrgenommen werden können.
Definitionen laut »EMS«
Stärkegrad I: nicht fühlbar (Maximale Auswirkungen: Selbst unter günstigen Bedingungen nicht fühlbar).
Stärkegrad II: kaum bemerkbar (Maximale Auswirkungen: Einzelne ruhende Personen nehmen die Erschütterungen wahr, vor allem in höher gelegenen Stockwerken von Gebäuden).
Stärkegrad III: schwach (Maximale Auswirkungen: Schwache Erschütterungen werden durch Personen wahrgenommen, die sich innerhalb von Gebäuden befinden. Ruhende Personen fühlen ein Schwanken oder leichtes Erzittern).
Stärkegrad IV: deutlich (Maximale Auswirkungen: Von vielen Personen innerhalb von Gebäuden wahrnehmbar, außerhalb nur von einigen. Manche Schlafende erwachen. Die Stärke der Erschütterungen ist nicht beängstigend. Fenster, Türen und Geschirr klappern, hängende Objekte beginnen zu schwingen).
Stärkegrad V: stark (Maximale Auswirkungen: Von den meisten Personen innerhalb von Gebäuden wahrnehmbar, außerhalb von einigen. Manche Personen flüchten aus Gebäuden, viele Schlafende erwachen. Gebäude erzittern komplett, hängende Objekte schwingen deutlich, Porzellan und Gläser stoßen vernehmlich zusammen. Die Erschütterungen sind stark, kopflastige Objekte fallen um. Türen und Fenster öffnen und schließen sich).
Stärkegrad VI: leichte Gebäudeschäden (Maximale Auswirkungen: Wird von den meisten Personen innerhalb von Gebäuden wahrgenommen, außerhalb von den meisten. Viele Personen in Gebäuden erschrecken und flüchten nach draußen. Kleine Gegenstände fallen herunter. Leichte Schäden an normalen Gebäuden, so etwa Risse und Ausbrüche in Verputzen).
Stärkegrad VII: Gebäudeschäden (Maximale Auswirkungen: Die meisten Personen in Gebäuden erschrecken und flüchten nach draußen. Möbel verrutschen und viele Gegenstände fallen aus Regalen und offenen Schränken. Viele normale Gebäude werden beschädigt, so etwa durch Mauerrisse und teilweise einstürzende Kamine).
Stärkegrad VIII: schwere Gebäudeschäden (Maximale Auswirkungen: Möbel können umfallen. Viele normale Gebäude werden beschädigt: Kamine stürzen ein, große Mauerrisse, einige Gebäude fallen teilweise zusammen).
Stärkegrad IX: zerstörend (Maximale Auswirkungen: Hohe Strukturen wie Denkmäler oder Säulen fallen um oder werden verbogen. Viele normale Gebäude fallen teilweise zusammen, einige Gebäude werden vollständig zerstört).
Stärkegrad X: sehr zerstörend (Maximale Auswirkungen: Viele normale Gebäude stürzen ein).
Stärkegrad XI: verwüstend (Maximale Auswirkungen: Die meisten normalen Gebäude stürzen ein).
Stärkegrad XII: vollständig verwüstend (Maximale Auswirkungen: Fast alle über- und unterirdischen Bauwerke werden zerstört oder schwer beschädigt).
Vorsorge
Reisende, die sich in einem erdbebengefährdeten Gebiet aufhalten, sollten kein Hotelzimmer in einem Gebäude bzw. Hochhaus ohne Erdbebensicherung buchen; auch nicht in einem Gebäude, das in einer engen Gasse gelegen ist oder auf das schlecht konstruierte Nachbarhäuser stürzen könnten.
Langzeiturlauber, Digitale Nomaden, Expatriates oder Auswanderer die in einem erdbebengefährdeten Gebiet unterwegs sind oder dort leben (wollen oder müssen), sollten für mindestens drei Tage vorsorgen. Die Krisenvorsorge (z.B. in Gestalt eines Notfallrucksacks) sollte umfassen:
a) Taschenlampe/n und Kerzen (inkl. Sturmfeuerzeug)
b) Radio (Weltempfänger) mit Ersatzbatterien,
c) Handy/Smartphone (inkl. leistungsfähige, aufgeladene Powerbanks),
d) Erste-Hilfe-Tasche mit Anleitung, inkl. regelmäßig benötigte Medikamente,
e) A-B-C-Feuerlöscher,
f) haltbare Nahrungsmittel (Büchsenöffner, Taschenmesser nicht vergessen!) und Trinkwasser (zirka vier Liter pro Tag pro Person),
g) festes Schuhwerk und warme Kleidung,
h) Schlafsäcke oder leichte Wärmedecken und Thermomatten (evtl. Zelt),
i) Bargeld und Kreditkarten
j) Ausweispapiere (bzw. Kopien davon),
k) Stadtplan/Landkarte, Kugelschreiber und Notizblock,
l) Notizblatt mit den wichtigsten Adressen und Telefonnummern.
Dieser Notfallrucksack (oder Koffer) ist an einem sicheren und leicht zugänglichen Ort aufzubewahren. Lebensmittel und Trinkwassernotversorgung sind regelmäßig zu erneuern.
Verhalten während des Bebens bei Aufenthalt im Gebäude
1. Ruhig bleiben; nicht in Panik geraten! Keinesfalls sollte Rettung durch einen Sprung aus dem Fenster oder vom Balkon erhofft werden!
2. Es ist sofortiger Schutz unter einem schweren stabilen Möbelstück (z.B. einem Tisch/Schreibtisch) zu suchen, an das man sich festklammert, solange die Erschütterung andauert, auch wenn sich das Möbelstück bewegt. Steht keines zur Verfügung, sollte man unter einen stabilen Türrahmen fliehen oder sich auf den Boden nahe einer tragenden Innenwand legen, die möglichst weit von Fenstern entfernt ist; Kopf und Gesicht sind mit verschränkten Armen zu schützen.
3. Solange die Erschütterungen anhalten, sollte man im Haus bleiben! Am gefährlichsten ist wegen der Verletzungsgefahr durch fallende Gegenstände oder Glassplitter der Versuch, das Gebäude während des Bebens zu verlassen. Ausnahme: Man befindet sich zu Beginn der Erschütterung im Erdgeschoss, z.B. in Nähe einer Außentür, die direkt ins Freie führt (etwa in einen Garten oder auf einen offenen Platz, nicht aber in eine enge Straße!).
4. Während des Bebens kein Treppenhaus begehen und keinen Fahrstuhl benutzen!
Verhalten während des Bebens bei Aufenthalt im Freien
1. Es ist schnellstmöglich ein freier Platz aufzusuchen, der etwas abseits von z.B. Gebäuden, Bäumen, Straßenlampen und Versorgungsleitungen liegt – und der nicht verlassen werden sollte, bis die Erschütterungen abgeklungen sind.
2. Wird man im Auto von einem Beben überrascht, sollte der Wagen sofort an den Straßenrand − möglichst weit weg von Gebäuden, Bäumen, Überführungen und Versorgungsleitungen − gesteuert werden. Brücken, Kreuzungen oder Unterführungen sollten unbedingt gemieden werden. Solange die Erschütterungen anhalten, sollte man im Fahrzeug bleiben. Nach dem Beben kann man mit größter Vorsicht weiterfahren (dabei allerdings Brücken und Rampen umgehen, die durch das Beben beschädigt sein könnten). Ansonsten das Auto abstellen, den Zündschlüssel stecken und die Fahrertür unverschlossen lassen. Erfahrungsgemäß dürften die Straßen spätestens nach 15 Minuten verstopft sein bzw. von der Polizei gesperrt werden, so dass man mit dem Kfz das Stadtgebiet ohnehin nicht mehr verlassen oder andere Stadtteile erreichen kann.
3. Treten die Erdbebenerschütterungen an einer flachen Küste auf, dann gilt es, sich so schnell als möglich landeinwärts auf eine Anhöhe zu retten, denn das Beben kann (bis zu 30 Meter hohe) Meereswogen auslösen (Tsunami). Diese treffen manchmal erst lange nach Abklingen der Bebenerschütterungen ein. Auch kann eine zweite Woge wesentlich später folgen. Deshalb darf der erhöhte Zufluchtsort erst nach offizieller Tsunami-Entwarnung verlassen werden. Zur Information sollte je nach Situation das Auto- bzw. Kofferradio (z.B. Weltempfänger, Scanner) eingeschaltet und die Meldungen sowie Anweisungen des Katastrophendienstes verfolgt werden.
4. Während der möglichen zeitweiligen Unterkunft in Notquartieren ohne die gewohnten sanitären Einrichtungen ist größtmögliche Hygiene geboten (Seuchengefahr!).
Quelle: »GeoForschungsZentrum Potsdam« in der Helmholtz-Gemeinschaft. Weitere Informationen für Reisende und Expatriates: Merkblatt Erdbeben.
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